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Digitalisierung an Kölner Schulen: Status Quo und Weiterentwicklung

Geschrieben von Test Autor | Feb 26, 2021 9:00:00 AM

Robert Voigtsberger, der Beigeordnete für Bildung, Jugend und Sport der Stadt Köln, steht Rede und Antwort

Der plötzliche Eintritt der Coronakrise hat die Schulen bundesweit vor enorme Herausforderungen gestellt. Wie schnell konnten die Kölner Schulen ihren Betrieb umstellen?

Wir haben 260 städtische Schulen in Köln, für die wir bereits lange vor der Pandemie begonnen haben, den Ausbau der digitalen Infrastruktur zu forcieren. Die Pandemie lehrt uns jedoch, dass dieser Prozess beschleunigt werden muss. Dabei geht es nicht nur um den Ausbau des WLANs und der Anbindung der Schulen über Gigabitleitungen, sondern auch um die sukzessive Ausstattung mit digitalen Endgeräten. Wir sind Mitte März mit 13 500 Geräten für die Schülerinnen und Schüler gestartet. Wir werden es schaffen, die Anzahl bis Ende des Jahres auf rund 37000 Stück fast zu verdreifachen. Wir sind diesbezüglich auf einem guten Weg, und das, obwohl wir natürlich feststellen, dass wir nicht die Einzigen sind, die plötzlich in dieser Größenordnung bestellen.

Wie digital sind Kölner Schulen heute?

Wenn wir zum Beispiel von der digitalen Infrastruktur vor Ort sprechen, also dem reinen Ins-Netz-Kommen und von ausreichender Bandbreite für die pädagogische Unterrichtsgestaltung, so haben wir inzwischen eine 100-prozentige Glasfaseranbindung der Schulgebäude erreicht und bereits in 87 Prozent aller Schulgebäude ein flächendeckendes WLAN. Weiterhin haben wir über die allgemeine Endgeräteausstattung für die Schülerinnen und Schüler – und im Übrigen auch für die Lehrkräfte – Kontingente für Bildung. Das schnellste Internet und die Endgeräte wiederum nützen aber nichts ohne eine moderne Präsentationstechnik wie Panels, die ein Teilen von Inhalten zulassen. Auch das werden wir zur Verfügung stellen. Die ersten Lieferungen kommen noch vor Weihnachten. Und gerade bei überwiegend Minderjährigen in unserer Zielgruppe stellt sich die Frage nach dem Datenschutz bei Videokonferenzen. Auch daran arbeiten unsere IT-Leute. Vor wenigen Wochen erst wurde eine Pilotanwendung entwickelt, die aktuell an den ersten Schulen getestet wird. Alle zentralen Aufgaben, vom User-Management für WLAN-Infrastrukturen bis zur automatisierten Softwareverteilung, sind ähnlich komplex wie bei einem Großkonzern. Wir managen dies alles effektiv und sicher von zentraler Stelle. Wir befragen die Schulen auch online. Wir wollen ja wissen, ob das sinnvoll ist, was wir machen. Da wir noch lange nicht fertig sind, ist sicher noch Luft nach oben. Mit unseren bisherigen Ergebnissen und Angeboten brauchen wir uns aber nicht zu verstecken.

Welche ist die wichtigste Lehre, die Sie aus den letzten Monaten ziehen?

In Krisen rücken die Menschen zusammen. Das habe ich an den unterschiedlichsten Stellen immer wieder gesehen. Es ist das eine, die Digitalisierung an Schulen voranbringen zu wollen. Wir sind die viertgrößte Kommune Deutschlands, die drittgrößte Schulträgerin – das ist auch ohne Pandemie bereits ein Mammutprojekt. Die Pandemie selbst bringt aber ja auch richtig handfeste Belastungen mit sich. Und wenn ich mir anschaue, wie tatkräftig unsere Verwaltung trotz Covid-19 ist, dann liegt das natürlich ganz klar an den Menschen, die hier jeden Tag ihr Bestes geben. Dennoch wünsche ich mir natürlich, dass wir uns bald wieder ausschließlich der Zukunftsgestaltung widmen können, ohne Pandemie im Nacken.

Warum ist die Digitalisierung von Schulen nicht nur in Krisenzeiten relevant?

Die Digitalisierung ist eine gesellschaftliche Entwicklung, die natürlich auch in den Bildungsbereich Einzug hält. Sie ermöglicht neue Lernformate und bietet neue Chancen bei der Vermittlung von Lehrinhalten. Wir haben rund 140000 Schülerinnen und Schüler an den städtischen Schulen, für sie ist der Umgang mit Smartphones und Tablets selbstverständlich. Sie sind damit aufgewachsen, es ist also nur konsequent, sich zur Vermittlung von Lerninhalten auch digitaler Medien zu bedienen. Für mich steht in diesem Zusammenhang aber auch im Vordergrund, dass wir beim Digitalisierungsprozess an den Schulen die gleiche Teilhabe aller Schülerinnen und Schüler mitdenken. Wir müssen Wege für Familien finden, die keinen Computer zu Hause haben, geschweige denn bei denen jedes Kind ein eigenes Endgerät hat, damit auch ihnen ermöglicht wird, dass ihre Kinder digital am Unterricht teilnehmen oder selbstständig lernen können.

Welche Rahmenbedingungen braucht es, um die Digitalisierung von Schulen vollumfänglich voranzutreiben?

Allem voran muss das digitale Lernen von allen gelebt werden. Dazu müssen die didaktischen und pädagogischen Konzepte auf die Vermittlung durch die digitalen Medien angepasst werden. Um dies zu gewährleisten, muss natürlich auch die schulische Ausstattung unter Berücksichtigung neuer digitaler Lehrkonzepte erfolgen. Das ist mit zusätzlichen finanziellen Aufwendungen verbunden. Da sind dann nicht nur die Beschaffung der digitalen Endgeräte und die Bereitstellung der technischen Infrastruktur. Vielmehr ist auch ein nachhaltiger Support der Geräte und Netzumgebungen erforderlich. Hier werden wir mit der Landesregierung gemeinsam überlegen müssen, wie eine dauerhafte und verlässliche Finanzierung für alle Beteiligten sichergestellt werden kann.

Die Digitalisierung wird viele Bereiche im Schulbetrieb verändern. Dafür sind neue, digitale Kompetenzen für Lehrer, Schüler und Eltern notwendig. Wie kann deren Erwerb sichergestellt werden?

Die Ausbildung der Lehrerinnen und Lehrer muss an die Möglichkeiten des digitalen Lernens angepasst werden. Das wird an anderer Stelle entschieden. Als Stadt tragen wir aber gerne einen Teil dazu bei. Gerade erst im November haben wir bereits zum achten Mal den Digital Education Day organisiert. Diese Veranstaltung ist ein gezieltes Angebot zum Austausch, Netzwerken und Von-Einander-Lernen für Bildungsexpertinnen und -experten, und sie ist inzwischen bundesweit eine Marke. In diesem Jahr ging es naturgemäß um das Thema digitales Arbeiten und digitale Bildung in Zeiten der Pandemie. Zum Beispiel wurden Fragen erläutert wie „Wie drehe ich einen guten Erklärfilm?“. Auch hier gibt es solche Menschen, die sich privat bereits per App sagen lassen, dass die Milch alle ist, und solche, die weiterhin den Blick in den Kühlschrank vorziehen, um einen klassischen Einkaufszettel zu schreiben. Beides ist okay. Die Kunst ist es, das enorme Wissen beider Seiten zusammenzubringen.